Warum ein offenes Arztgespräch so wichtig ist

Im Leben gibt es immer mal wieder Veränderungen, welche auch einen Einfluss auf deine HIV-Therapie haben können. Das kann beispielsweise die Entdeckung einer für dich neuen Sportart sein, bei der du im Zuge einer Ernährungsumstellung auch Nahrungsergänzungsmittel zu dir nimmst. Ein Beispiel, wie solche auf den ersten Blick kleinen Neuerungen im Lebensstil mit deiner HIV-Therapie zusammenhängen können, sind mögliche Wechselwirkungen der HIV-Medikamente mit anderen Substanzen. Veränderungen im eigenen Lebensstil können also einen Einfluss auf deine HIV-Therapie haben. Um eine erfolgreiche Behandlung ohne Wechselwirkungen und damit eine hohe Lebensqualität und Zufriedenheit sicherzustellen, ist der offene und regelmäßige Austausch mit deiner/m Ärzt*in besonders wichtig.

Portait von Christoph

„Lebensqualität bedeutet für mich, dass ich als HIV-positiver Mensch alles machen kann, was ich will. Mein Leben so zu führen, wie ich möchte trägt dazu bei dass ich glücklich bin.“ (Christoph)

Was Wechselwirkungen sind und wie du sie vermeidest

Verschiedene Substanzen können sich gegenseitig in ihrer Wirkung beeinflussen – beispielsweise sich gegenseitig verstärken, abschwächen oder sogar aufheben. Wenn Ärzt*innen also von Wechselwirkungen sprechen, meinen sie damit ganz einfach unerwünschte wechselseitige Einflüsse auf die Wirksamkeit zwischen deinen HIV-Medikamenten und anderen Substanzen. Dank der Fortschritte in der modernen HIV-Therapie haben HIV-Positive eine normale Lebenserwartung. Dadurch steigt allerdings auch die Wahrscheinlichkeit, mit dem Älterwerden neben der HIV-Therapie noch weitere Medikamente einzunehmen. In einer aktuellen Befragung von Menschen mit HIV gab beispielsweise die Mehrheit aller Teilnehmenden an, dass sie mindestens ein weiteres Medikament zusätzlich zur HIV-Therapie zu sich nehmen1.

Schaubild zur Einnahme von Medikamenten zusätzlich zur HIV-Therapie

Damit bei deiner HIV-Therapie Wechselwirkungen mit anderen Substanzen vermieden werden können, ist Offenheit im Arztgespräch besonders wichtig: Für deine/n Ärzt*in ist es sinnvoll zu wissen, was du neben deiner HIV-Therapie aktuell sonst noch einnimmst. Dabei spielen nicht nur andere Medikamente eine Rolle, sondern auch Lifestyle-Präparate (z.B. Nahrungsergänzungsmittel) oder der Konsum von Substanzen auf Partys.

Ein alltägliches Beispiel für mögliche Wechselwirkungen sind die bereits erwähnten Nahrungsergänzungsmittel: Einige davon enthalten in großen Mengen wichtige Mineralstoffe, wie Magnesium und Kalzium. Bei gleichzeitiger Einnahme solcher Präparate mit deiner HIV-Therapie kann die Aufnahme der HIV-Medikamente aus dem Magen-Darm-Trakt in deinen Körper behindert werden. Das kann dazu führen, dass du eine zu geringe Menge der Wirkstoffe aus deiner HIV-Therapie aufnimmst und die Medikamente damit auf lange Frist nicht mehr so wirken, wie sie eigentlich sollten. In diesem Fall musst du aber natürlich nicht gänzlich auf die jeweiligen Nahrungsergänzungsmittel verzichten, sondern nur auf einen Einnahmeabstand von mehreren Stunden achten.

Hast du Veränderungen in deinem Leben im Blick?

Die individuellen Lebensentwürfe von HIV-positiven Menschen sind so unterschiedlich, wie deren einzigartige Persönlichkeiten. Im Hinblick auf Wechselwirkungen der HIV-Therapie ist es daher vor allem wichtig, die Veränderungen im eigenen Lebensstil zu beobachten.

Auch kleine Veränderungen in deinem Lebensstil können mögliche Wechselwirkungen mit sich bringen, wo du sie sonst nicht vermutest: Möglicherweise hast du angefangen, dich genauer mit dem Thema Ernährung zu beschäftigen und verwendest jetzt Vitamin- und Mineralstoffpräparate? Oder du hast das Partyleben für dich entdeckt und konsumierst dabei gelegentlich auch mal Substanzen auf Partys? All das sind Punkte, die eine Veränderung in deinem Lebensstil darstellen und dabei auch mit veränderten Anforderungen an deine HIV-Therapie einhergehen.

Manchmal hat man zwar im Hinterkopf, dass die eigenen HIV-Medikamente mit bestimmten Stoffen wechselwirken könnten. Allerdings verändern sich Dinge wie Ernährung oder Substanzkonsum im Leben ja meist nicht über Nacht, sondern eher schrittweise. Gerade das macht eine regelmäßige Selbstüberprüfung hinsichtlich der Veränderungen im eigenen Lebensstil und den persönlichen Bedürfnissen so wichtig.

Was bedeutet das für mich?

Wer also den aktuellen Lebensstil gut im Blick hat, die eigenen Bedürfnisse gut kennt und regelmäßig offen mit der/m Ärzt*in darüber spricht, muss auch keine Angst haben, wenn andere Substanzen neben der HIV-Therapie eingenommen werden. Hilfreich ist es, wenn du dir einmal eine Liste schreibst mit allem, was du an Medikamenten und anderen Substanzen einnimmst. Nimm die Notizen zu deinem nächsten Termin mit deiner/m Ärzt*in mit und ihr könnt dann gemeinsam prüfen, ob deine HIV-Therapie davon beeinflusst werden könnte. So könnt ihr die passende Therapie immer im Blick behalten und für dich langfristig mehr Lebensqualität und Zufriedenheit sicherstellen.

1. Okoli C, de los Rios P, Eremin A, Brough G, Young B, Short D. Relationship Between Polypharmacy and Quality of Life Among People in 24 Countries Living With HIV. Prev Chronic Dis 2020;17:190359. DOI: http://dx.doi.org/10.5888/pcd17.190359.